5 Prozent für Verteidigung : Wo sollen die 200 Milliarden eigentlich herkommen?

Außenminister Johann Wadephul (62, CDU, r.) unterstützt die Forderung von US-Präsident Donald Trump, künftig 5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben – offenbar zur Freude von Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU, l.)

Außenminister Johann Wadephul (62, CDU, r.) unterstützt die Forderung von US-Präsident Donald Trump, künftig 5 Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Links: Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU)

Foto: Photothek via Getty Images

Mehr als 200 Milliarden Euro pro Jahr: So viel müsste Deutschland für Verteidigung ausgeben, wenn es der Forderung von Donald Trump (78) folgt. Der US-Präsident will, dass alle Nato-Staaten fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Landes- und Bündnisverteidigung stecken. Bislang sind zwei Prozent vereinbart.

Am Donnerstag hat sich Außenminister Johann Wadephul (62, CDU) bei einem Treffen mit US-Außenminister Marco Rubio in Ankara hinter die umstrittene Forderung des US-Präsidenten gestellt. Man folge Trumps Einschätzung, dass fünf Prozent der Wirtschaftsleistung notwendig seien. Erst später am Tag fingen Politiker aus Union und SPD den voreiligen Außenminister wieder ein, stellten klar: Es gibt noch innerhalb der Bundesregierung keine Festlegung auf Zahlen.

US-Außenminister Marco Rubio (53, l.) am Donnerstag mit seinem deutschen Amtskollegen Wadephul

US-Außenminister Marco Rubio (53, l.) am Donnerstag mit seinem deutschen Amtskollegen Johann Wadephul

Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) hatte in seiner Regierungserklärung zum Amtsantritt am Mittwoch die fünf Prozent Verteidigungsausgaben nicht explizit genannt. Merz hatte allerdings angekündigt, er wolle die Bundeswehr zur „schlagkräftigsten Armee Europas“ machen.

ABER: Schon das aktuelle Ziel – zwei Prozent des BIP – erfordert einen Verteidigungsetat von rund 85 Milliarden Euro jährlich. Bei 5 Prozent wären es mehr als 200 Milliarden pro Jahr. Eine gigantische Summe. Und Geld, das nicht da ist. Finanzieren ließe sich eine solche Aufrüstung auf 5 Prozent realistischerweise nicht ohne neue Schulden.

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Fakt ist: Durch die Ausnahme der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben (sog. Bereichsausnahme) kann der Bund in der Theorie unbegrenzte Mittel für Verteidigung aufnehmen. Das haben Union, SPD und Grüne mit den Mehrheiten des alten Deutschen Bundestags noch im Februar beschlossen.

Praktisch werden Schulden folgendermaßen aufgenommen:

▶︎ Der Staat verkauft sogenannte Bundesanleihen an Investoren. Die leihen dem Bund Geld. Und bekommen es später plus Zinsen zurück.

▶ Der Fiskus erhält sofort liquide Mittel für Rüstungsprojekte (Panzer, Munition, Truppenunterkünfte).

▶ Zu den Käufern zählen u.a. Banken, Pensionsfonds, Versicherungen, Staaten, aber auch Privatpersonen. Im Prinzip kann jeder Bundesanleihen kaufen. Deutsche Anleihen gelten im internationalen Vergleich nach wie vor als extrem solide.

Der Zinssatz für zehnjährige Bundesanleihen liegt derzeit bei rund 2,5 Prozent. Bedeutet: Bei 100 Milliarden Euro Neuverschuldung müsste der Staat 2,5 Milliarden Euro jährlich an Zinsen zahlen. Je nach Anleihe läuft ein Kredit zwischen 2 und 30 Jahren. Am Ende muss der Staat die volle Summe zurückzahlen. In der Regel werden dann neue Schulden aufgenommen, um die alten zu tilgen. Schon heute zahlt der Bund mehr als 30 Milliarden Euro jährlich allein für Zinsen. Tendenz steigend.

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Ifo-Präsident Clemens Fuest ist einer der führenden Ökonomen Deutschlands

Ifo-Präsident Clemens Fuest

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Zwar könnte Deutschland durch die Bereichsausnahme unbegrenzte Mittel aufnehmen. Trotzdem würden immer mehr Schulden allerdings den Staatsfinanzen zusetzen.

► Ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest (56) erklärt in BILD: „Eine dauerhafte Finanzierung allein durch Schuldenwürde die Bonität Deutschlands beeinträchtigen und zu einer steigenden Verschuldungsquote führen.“

Aber auch eine Finanzierung der neuen Rüstungsausgaben durch Steuergeld hätte Nachteile, warnt Fuest: Dadurch würde „das Wirtschaftswachstum beeinträchtigt, wobei die Effekte davon abhängen, welche Steuern erhöht werden.“ Von mehr könnten auch andere Branchen profitieren. Fuest: „Je mehr für militärische Forschung und Entwicklung ausgegeben wird, desto stärker könnten sich positive Produktivitätseffekte für die Wirtschaft insgesamt ergeben. Starker Personalaufbau würde hingegen privatwirtschaftliche Aktivität eher verdrängen.“

Dabei hat auch das Verhältnis zwischen Steuern und Schulden zur Finanzierung der Rüstungs-Milliarden auch Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit Deutschlands auf den Finanzmärkten. Prof. Volker Wieland (Uni Frankfurt) zu BILD: „Wie sich das auf das Rating deutscher Staatsanleihen und die Höhe der Verzinsung deutscher Staatsanleihen hängt zunächst einmal davon ab, wie viel von diesen Ausgaben auf Kredit finanziert wird. Dann spielen aber noch viele andere Faktoren eine Rolle, die Höhe der Schuldenquote, Wachstum, Inflation etc.“

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