Verband warnt vor Gewalt in Kliniken : „Ärzte und Pfleger sind keine Kampfsportler“

Besonders Notaufnahmen leiden unter Gewalt und Aggression von Patienten und Angehörigen

Besonders Notaufnahmen leiden unter Gewalt und Aggression von Patienten und Angehörigen

Foto: Christian Charisius/dpa

Woher kommt diese Gewalt? Ausgerechnet in Krankenhäusern wird immer mehr geprügelt, gepöbelt und randaliert – Tendenz steigend. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) warnt gegenüber BILD: „Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte sind weder Kampfsportler noch Deeskalations-Experten.“

Neue Schock-Zahlen kommen aus Nordrhein-Westfalen . Hier gibt es in Dortmund den Fall einer Klinik, in der zur Sicherheit der Mitarbeiter in der Notaufnahme Bodycams getragen werden sollen. Diese Details stehen in der Antwort des Innenministeriums auf eine AfD -Anfrage:

► Gewaltdelikte (dazu gehören Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Raub, Körperverletzung oder Geiselnahme) gab es in NRW-Krankenhäusern im Jahr 2015 insgesamt in 689 Fällen. Im vergangenen Jahr waren es mit 1.256 Gewalttaten fast doppelt so viele. An Krankenhäusern im angefragten Fall Dortmund gab es einen Anstieg von 33 auf 65 Fälle in diesem Zeitraum.

NRW-Innenminister Herbert Reul (72, CDU) legte Zahlen zu Gewalt an Krankenhäusern vor

NRW-Innenminister Herbert Reul (72, CDU) legte Zahlen zu Gewalt an Krankenhäusern vor

Foto: Roberto Pfeil/dpa

► Die Zahl der Straftaten insgesamt (also z. B. auch Diebstähle) bleibt auf konstant hohem Niveau: Nach 9.602 Fällen im Jahr 2015 lag die Zahl 2024 weiterhin hoch bei 9.284.

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Zum Thema Bodycams sagt das Innenministerium: Sichtbare Kameras könnten eine deeskalierende Wirkung haben und dazu beitragen, Übergriffe zu reduzieren.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat das brisante Thema auf dem Schirm. Einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr zufolge gaben 74 der Krankenhäuser an, dass die Zahl der Übergriffe „mäßig“ (53 %) oder „deutlich“ (20 %) gestiegen ist. In 40 Prozent der Fälle wurden lange Wartezeiten als Ursache der Gewalt genannt. In 24 Prozent nannten Kliniken sogar Kündigungen von Personal als Folge der Übergriffe.

Professor Henriette Neumeyer, stellvertretende DKG-Vorstandsvorsitzende, sagte BILD: „Gewalt gegen Mitarbeiter in den Kliniken hat gesamtgesellschaftliche Ursachen – gesunkene Hemmschwellen, Entsolidarisierung, Respektlosigkeit und vieles mehr. Die Lösung kann daher nicht im Krankenhaus mit immer mehr Selbstverteidigungskursen, Sicherheitsdiensten und Kameraüberwachung liegen, sondern bei der Politik.“

Professor Dr. Henriette Neumeyer ist stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft

Professor Dr. Henriette Neumeyer ist stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft

Foto: axentis.de/G.J.Lopata/DKG

Auch wenn aus der Not heraus immer mehr Kliniken ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Deeskalations- und Selbstverteidigungskurse ermöglichen: Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte seien weder Kampfsportler noch Deeskalations-Experten.

Neumeyer erwartet von der neuen Bundesregierung u. a. klare gesetzliche Schutzregelungen und eine konsequente Strafverfolgung bei Übergriffen.

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