„Riesige Klatsche eingefahren“ : SPD-Urgestein rechnet knallhart mit seiner Partei ab

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (66, SPD) gibt am Dienstag nach mehr als 12 Jahren sein Amt ab – und spricht schonungslos über die SPD

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (66, SPD) gibt am Dienstag nach mehr als 12 Jahren sein Amt ab – und spricht schonungslos über die SPD

Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Emotionaler, aber schonungsloser Auftritt zum Abschied. Wenige Tage vor seinem Rücktritt als Ministerpräsident von Niedersachsen hat sich Stephan Weil (66, SPD) beim Parteitag von seinen Genossen feiern lassen.

Stehende Ovationen, Jubel, minutenlanger Applaus – nach mehr als 12 Jahren als Regierungschef will Weil das Amt an Wirtschaftsminister Olaf Lies (58, SPD ) übergeben. „Danke, Stephan“, steht Freitagabend in Hannover auf roten Pappschildern. Und auch Weil dankt seiner Partei und seinen Weggefährten.

Aber er geht auch hart mit seiner Partei ins Gericht: „Wir haben am 23. Februar eine riesige Klatsche eingefahren.“ Mit 16,4 Prozent hat die SPD das schlechteste Ergebnis bei einer Bundestagswahl erreicht. „Eine Volkspartei zu sein – darauf gibt es kein Abo. Das ist Arbeit!“

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► Die Partei müsse sich fragen: Für wen macht sie Politik? Weil gibt die Antwort selbst: „Für Menschen, die hart arbeiten und sich an die Regeln halten.“ Das sei die Mehrheit der Bevölkerung, mit ihrer Unterstützung könne die SPD wieder Wahlen gewinnen.

Übersetzt: Es genügt nicht, Politik für Randgruppen zu machen. „Die Summe der Minderheiten ergibt keine Mehrheiten“, betonte Weil.

Blumen zum Abschied nach 12 Jahren als Ministerpräsident und Landesvorsitzender der SPD Niedersachsen

Blumen zum Abschied nach 12 Jahren als Ministerpräsident und Landesvorsitzender der SPD Niedersachsen

Foto: Moritz Frankenberg/dpa

► Er könne nicht verstehen, aus welchem Grund das Thema Wirtschaft in der SPD häufig stiefmütterlich behandelt werde und in Parteiprogrammen unterrepräsentiert sei. „Je kompetenter wir bei Wirtschaft und Arbeit sind, desto erfolgreicher sind wir bei Wahlen“, sagte Weil. „Diese Erkenntnis ist in unserer Partei nicht überall verbreitet.“

Weil beschwor Zusammenhalt. „Eine Partei, die mit sich nicht im Reinen ist, hat keinen Erfolg“, rief er. Und ein Parteivorsitzender sei doppelt so stark, wenn die Mitglieder solidarisch hinter ihm stünden.

„Ich bitte euch, eure ganze Unterstützung, die ich genossen habe, eins zu eins auch Olaf Lies zu schenken“, beschwor Weil. Das wünschte er sich auch für den Bundesvorsitzenden und Vizekanzler Lars Klingbeil (47) und für Matthias Miersch (56), neuer SPD-Fraktionschef im Bundestag – übrigens alles Genossen aus Niedersachsen .

Die SPD nominierte Weils designierten Nachfolger Lies einstimmig zum MP-Kandidaten. Am Dienstag soll er im Landtag gewählt werden.

Weil wird am Montag mit einem Zapfenstreich durch das Landeskommando der Bundeswehr verabschiedet. Das Heeresmusikkorps Hannover spielt neben dem Niedersachsenlied und der Nationalhymne das „Bürgerlied“, „Die Moorsoldaten“ und den „Fury in the Slaughterhouse“-Klassiker „Won’t Forget These Days“.

Die Lieder durfte sich Weil selbst aussuchen.

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